Geistliches Wort zur KW 10

Von Oliver Elsässer | 06.03.2023

Ich grüße Sie heute mit einem Satz von Albert Camus

„Die heutige Welt verlangt von den Christen, dass sie Christen bleiben.“

Ich habe diesen Satz zufällig neulich in einem Buch gefunden. Es ist ein überraschender Satz, nicht wegen seines Inhaltes, sondern weil er von einem Religionskritiker gesagt wurde.

Albert Camus, 1913-1961, war Philosoph und zugleich einer der bedeutendsten Schriftsteller Frankreichs im 20. Jahrhundert. Er vertrat eine Philosophie des Absurden, d.h. er vertrat die Meinung, dass der Mensch in einer sinnlosen Welt nach Sinn sucht, aber keinen finden wird. Sisyphos, eine Gestalt aus der griechischen Mythologie, war für Camus das Sinnbild dafür. Diesen Sisyphos hatten die Götter als Strafe für ein Verbrechen dazu verurteilt, einen Mühlstein auf die Spitze eines steilen Berges hinaufzurollen. Doch immer, wenn er oben angekommen ist, rollt ihm der Stein wieder hinunter. Trotzdem müht sich Sisyphos in alle Ewigkeit. Absurd! - Camus, der sich als Atheist verstand, nennt das ein Sinnbild für die allgemeine menschliche Situation. Wir leben in einem sinnlosen Universum – und müssen doch, wenn wir Menschen sein wollen, Sinn suchen und Sinn setzen, dem Absurden zum Trotz.

Ja, und nun sagt so jemand: „Die heutige Welt verlangt von den Christen, dass sie Christen bleiben.“ Anscheinend wollte Camus sich keine Welt vorstellen, in der die Hoffnung des christlichen Glaubens gar nicht mehr zuhause wäre. Warum? Auch den christlichen Glauben kann man ja absurd nennen und tut es auch: Wie soll ein Gekreuzigter die Rettung für die ganze Welt sein? Wie kann ein König mit Dornenkrone alle Macht des Universums in den durchbohrten Händen halten? Wie soll Gott in einem Menschen anwesend sein, und auch noch in einem wie ein Verbrecher gekreuzigten Menschen? Warum ist das Leid so mächtig in dieser Welt, wenn Gott doch die Liebe ist? Es sind lauter absurde Aussagen, die der christliche Glaube macht! Und doch bittet uns ein Atheist: Ihr Christen, bleibt Christen! Gebt euren Glauben nicht auf! Gebt eure Hoffnung nicht preis, dass da doch einer ist, der alles Fallen dieser Welt „unendlich sanft in seinen Händen hält“. Denn von dieser Hoffnung leben auch die, welche an der Absurdität des Leidens und des Lebens zu zerbrechen drohen.- „Und wenn morgen die Welt unterginge, ich pflanzte noch heute ein Apfelbäumchen.“, heißt es in einem Martin Luther zugeschriebenen Wort. Absurd? Vordergründig ja, aber aus der Perspektive des Glaubens heraus trägt dieses Bäumchen Früchte, die man in der Ewigkeit sehen und ernten wird. Nein, wir Christen wollen nicht aufhören, Christen zu sein, zu glauben, zu hoffen und vor allem: Liebe und Respekt gegenüber einer leidenden Schöpfung zu leben. Wir werden gebraucht. Unsere Arbeit, im Glauben an Christus getan, ist nicht vergeblich.

Bleiben Sie glaubensstur und hoffnungsheiter in der kommenden Woche,

Ihr Oliver Elsässer, Pfr.